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Die Ausgelöschten

Verfasst: 8. Jul 2009 20:55
von France Prešeren
http://www.dnevnik.si/novice/slovenija/1042281846 hat geschrieben:Die Mitglieder des Innenausschusses werden heute in der Sitzung die Auszahlung des Schadensersatzes für die Ausgelöschten behandeln.
Die kroatische Jutarnji list berichtete am 23. Juni, dass bis dahin ein unveröffentlichtes Dokument vom 27.02.92 eine Anordnung zur Aberkennung aller Personaldokumente von Ausländern in Slowenien beweist. Slowenien würde nach Angaben der Zeitung auch auf Grund dieses Dokuments von mehreren hundert Ausgelöschten auf Schadensersatz verklagt werden, was nach einigen Schätzungen den Staat 425 mio. € kosten kann.
Rein rechtlich mag das damalige Vorgehen der slowenischen Regierung zweifelhaft sein. Doch die Angesprochenen ließen mehrere Fristen verstreichen sich mit den Behörden zu verständigen über ihren zukünftigen Status. Manche haben sogar öffentlich mitgeteilt, dass sie sich mit dem slowenischen Ausweis noch nicht mal den Arsch abputzen würden und bestanden weiter auf ihren jugoslawischen Ausweis. Einige Zeit später fingen sie dann auf einmal an zu jammern und tun das immernoch. Aber jetzt auch noch Schadensersatz für ihre eigene Dummheit zu fordern, ist aus meiner Sicht zumindest moralisch sehr fragwürdig.

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 9. Jul 2009 20:50
von Tom
Heißt das jetzt, diese "ausgelöschten" haben weder eine slowenische noch irgend eine andere Staatsangehörigkeit?
Oder haben diese Leute etwa noch die "alte" jugoslawische Staatsangehörigkeit?

Oder fallen sie unter : Ungeklärte Staatsbürgerschaft
Nicht zu verwechseln mit der Staatenlosigkeit ist der Status der ungeklärten Staatsbürgerschaft. Dieser wird in der Bundesrepublik Deutschland dadurch erlangt, dass die Herkunft der betreffenden Person unbekannt ist (z. B. aufgrund des geringen Lebensalters des Betreffenden) und dadurch seine Staatsbürgerschaft nicht abschließend geklärt werden kann. Die Rechtslage in vielen europäischen Staaten lässt es nicht zu, dass eine Person mit ungeklärter Staatsbürgerschaft eingebürgert wird, da davon ausgegangen wird, dass eine Staatsbürgerschaft bereits besteht.
In diesem Fall könnte es aber auch negative Folgen für die Leute haben.
Eine Klage dieser Leute kann natürlich auch eine Flucht nach vorne sein. Bevor der Staat (in diesem Fall der slowenische) handelt, versuchen sie es über eine Klage.
Dann müßen sie aber auch öffentlich zu ihrer damaligen Entscheidung Stellung beziehen, und sich auch unbequeme Fragen stellen lassen.

Eine Schritt in diese Richtung muß gut überlegt sein. Slowenien könnte evtl. einem Vergleich zustimmen, im Gegezug aber die Ausweisung in das jetztige Jugoslawien verlangen.
( Ich bin kein Jurist, aber so könnte ich es mit Vorstellen.)


Mal schauen ob man im www etwas zu diesem Thema finden kann.



Gruß
Tom

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 10. Jul 2009 20:09
von France Prešeren
Tom hat geschrieben:Heißt das jetzt, diese "ausgelöschten" haben weder eine slowenische noch irgend eine andere Staatsangehörigkeit?
Oder haben diese Leute etwa noch die "alte" jugoslawische Staatsangehörigkeit?
Sie haben weder eine Aufenthaltsgenehmigung noch eine Arbeitserlaubnis, wobei letzteres ohne ersteres wenig Sinn machen würde. Wie die dennoch zurecht kommen und ob da Übergangsregelungen gefunden wurden, ist mir nicht bekannt.

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 10. Jul 2009 20:40
von Tom
Wo liegt dann das Problem? Wenn diese Leute die slow. Staatsangehörigkeit abgelehnt haben, müßen sie jetzt schauen wohin sie wollen, oder?



Gruß
Tom

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 10. Jul 2009 20:46
von France Prešeren
Ganz so einfach ist das wohl nicht, denn manchmal geht es um Leute, die sogar in Slo geboren waren. Die haben nur das, was sie in SLO aufgebaut haben. Einfach gehen ist da nicht so einfach. Wobei viele auch schon gegangen sind, wenn sie eine Möglichkeit hatten.

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 23. Jul 2009 14:40
von France Prešeren
Noch ein paar Hintergründe dazu:
http://derstandard.at/1246542518604/Fremde-in-der-eigenen-Heimat hat geschrieben:Als Slowenien 1991 ein eigener Staat wurde, hatten Bürger aus den anderen jugoslawischen Teilrepubliken sechs Monate Zeit, um die slowenische Staatsbürgerschaft zu beantragen. 171.132 Menschen kamen dieser Aufforderung nach. Die verbliebenen 25.761 Betroffenen wurden im Februar 1992 kurzerhand aus dem Personenregister gestrichen, buchstäblich "ausgelöscht" und als "Ausländer ohne geregelten Status" geführt, auch wenn die meisten schon jahrelang in Slowenien gelebt hatten. Sie blieben ohne Ausweise, Führerschein, Krankenversicherung und Aufenthaltsgenehmigung. Freunde, Familie, Caritas und Schwarzarbeit halfen ihnen über die Runden.

Nur diejenigen, die darauf gehofft hätten, dass Jugoslawien doch nicht zerfalle und Slowenien erneut von Belgrad aus regiert werde, hätten sich nicht um die Staatsbürgerschaft gekümmert, so die populistischen Phrasen.

Die konservative Slowenische Demokratische Partei (SDS) warnt davor, dass die Ausgelöschten, die nun in den anderen ex-jugoslawischen Teilrepubliken leben, durch das Gesetz problemlos an einen slowenischen Reisepass kommen würden und visafrei in die EU einreisen könnten.

Neues zu den "Isbrisani": die Ausgelöschten

Verfasst: 9. Mär 2010 18:58
von MOMO
Sloweniens Parlament findet Lösung für "Ausgelöschte"

Aus Bevölkerungsregister gelöschte Ex-Jugoslawen können Status legalisieren.

Die vor 18 Jahren widerrechtlich aus dem slowenischen Bevölkerungsregister gelöschten Ex-Jugoslawen, die seither als illegale Ausländer in Slowenien leben, erhalten eine neue Frist, um ihren Aufenthaltsstatus zu regeln. Das slowenische Parlament verabschiedete ein von der Mitte-Links-Regierung vorgeschlagenes Gesetz, mit dem die Frage der sogenannten "Ausgelöschten" vollständig gelöst wird. Die konservative Opposition stimmte gegen die Änderungen.

Die "Ausgelöschten" werden in Einzelverfahren eine Aufenthaltserlaubnis in Slowenien bekommen und danach mit Bescheiden auch ihren Status rückwirkend legalisieren können. Dafür werden sie nach Inkrafttreten des Gesetzes drei Jahre Zeit haben. Das Gesetz regelt auch den Status von Kindern der Ausgelöschten.

Die Zahl der Personen, die von der nun verabschiedeten Gesetzesnovelle Gebrauch machen werden, liegt nach Schätzungen von Innenministerin Katarina Kresal zwischen einigen Hundert bis einigen Tausend.

Nach der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens von Jugoslawien im Juni 1991 hatten die rund 200.000 ansässigen Bürger aus anderen jugoslawischen Teilrepubliken sechs Monate Zeit, für die slowenische Staatsbürgerschaft zu optieren. Die große Mehrheit machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, insgesamt 25.671 Personen versäumten aber die Frist. Ihre Namen wurden im Februar 1992 ohne Vorwarnung aus dem slowenischen Bevölkerungsregister gelöscht, und die betroffenen Personen waren auf einen Schlag illegale Ausländer in Slowenien.

Das slowenische Verfassungsgericht hob diese Löschung in den Jahren 1998 und 2003 als rechtswidrig auf und ordnete die Rehabilitierung der "Ausgelöschten" an.

Ein erster Anlauf zur Regelung der Frage unter der damaligen Mitte-Links-Regierung scheiterte im Jahr 2004 an einer von der konservativen Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) beantragten Volksabstimmung. Während der Regierungszeit der SDS (2004 bis 2008) lag die Frage dann auf Eis.

quelle: www.wienerzeitung.at

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 25. Jul 2010 15:12
von France Prešeren
Und 4,5 Monate später gilt das Gesetz auch schon.
http://www.zurnal24.si/slovenija/izbrisani-imajo-tri-leta-casa-178894/clanek hat geschrieben:Ab heute gilt die Gesetzesnovelle zur Regelung des Status der Staatsangehörigen anderer Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, auf dessen Grundlage können alle „Ausgelöschten“, die noch keine ständige Aufenthaltsgenehmigung und keinen angemeldeten festen Wohnsitz in Slowenien haben, innerhalb von 3 Jahren einen Antrag zur Ausstellung einer ständigen Aufenthaltsgenehmigung einreichen. Minderjährige können den Antrag bis zum 21. Lebensjahr stellen.

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 23. Okt 2010 09:02
von France Prešeren
http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=433085 hat geschrieben:Papst Benedikt XVI. hat Sloweniens Mitte-Links-Regierung für ein Gesetz gelobt, das früheren Bürgern Jugoslawiens die Wiedereinbürgerung ermöglicht. Die so genannten „Ausgelöschten“ seien teils in großen Schwierigkeiten, weil sie das Recht auf Arbeit, Gesundheitsvorsorge und Aufenthalt in Slowenien verloren hätten, sagte der Papst an diesem Freitag dem neuen Botschafterin Sloweniens beim Heiligen Stuhl. Die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes durch das Parlament in Ljubljana sei „ein wichtiger Schritt“ im Versuch, das Schicksal dieser Menschen zu erleichtern.
Somit ist auch der überweltliche Segen erteilt. :weihen:

Re: Die Ausgelöschten

Verfasst: 27. Feb 2014 19:05
von MOMO
Slowenische „Ausgelöschten“-Frage nach 22 Jahren weiterhin aktuell

Vor 22 Jahren hat Slowenien mehr als 25.000 Ex-Jugoslawen widerrechtlich aus seinem Bevölkerungsregister gestrichen. Heuer soll ein Entschädigungsschema ins Leben gerufen werden, das den Betroffenen erstmals eine pauschale Entschädigung gewährt. Allerdings lehnen die „Ausgelöschten“ die von der Regierung ausgearbeiteten Lösungen erneut ab.

Die Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsidentin Alenka Bratusek entwickelte ein Entschädigungsschema, das im vergangenen November im Parlament gebilligt wurde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte 2012 Slowenien dazu verpflichtet, einen Plan zur Entschädigung von rund 25.000 Ex-Jugoslawen, die 1992 widerrechtlich aus dem Bevölkerungsregister gestrichen worden waren, auszuarbeiten. Damals hat der EGMR in einer Klage entschieden, dass Slowenien die Menschenrechte der „Ausgelöschten“ verletzt habe.

Das mit Juni in Kraft tretende Schema sieht pauschale Entschädigungen unter starken Einschränkungen vor: Nicht alle Betroffenen, die aus dem Bevölkerungsregister gestrichen wurden, sind auch zur Entschädigung berechtigt. Das Gesetz engt den Berechtigtenkreis auf jene „Ausgelöschte“ ein, die heute einen geregelten Status in Slowenien haben - sie besitzen entweder eine Aufenthaltsbewilligung oder die slowenische Staatsbürgerschaft. Auch diejenigen, die vor dem Jahr 2010 versuchten ihren Status zu regeln, aber abgelehnt wurden, haben Anspruch auf die Entschädigung. Die Regierung argumentiert, dass die „Ausgelöschten“ nur anhand ihrer vollzogenen oder versuchten Statusregelung das Interesse auf ein Weiterleben in Slowenien bewiesen hätten. Nach diesen Kriterien hätten mit rund 12.000 Personen nur knapp die Hälfte aller Betroffenen Anspruch auf Entschädigungen.

Für jedes Monat, das sie aus dem Bevölkerungsregister gestrichen waren, stehen ihnen laut Gesetz 50 Euro zu. Für jedes Jahr der Tilgung wären das 600 Euro, für einen 20-jährigen Zeitraum würde die Entschädigungssumme maximal 12.000 Euro betragen. Die „Ausgelöschten“, die das umstrittene Gesetz zum Entschädigungsschema vor dem slowenischen Verfassungsgericht anfechten, kritisieren die Höhe der Entschädigung als „skandalös“. Sie sind überzeugt, dass die Regierung mit allen Mitteln versucht, ihren rechtlichen und moralischen Verpflichtung für die Wiedergutmachung auszuweichen. Hingegen ist die Regierung der Meinung, dass das Gesetz eine angemessene Genugtuung einführt.

Mit Spannung wird ein neues Urteil des EGMR erwartet, von dem man sich auch eine Bewertung des Entschädigungsschemas erhofft. Sechs Betroffene, die Slowenien vor dem Straßburger Gericht im Jahr 2012 erfolgreich klagten, fordern laut Medienberichten nun auch eine Entschädigung für den materiellen Schaden. Für den immateriellen Schaden, den sie erlitten haben, wurden ihnen vor zwei Jahren bereits jeweils 20.000 Euro zugesprochen. Es wird erwartet, dass das Gericht in seinem Urteil auch erklären werde, ob es mit dem Entschädigungsschema zufrieden ist.

Nach der Erklärung der Unabhängigkeit Sloweniens von Jugoslawien 1991 hatten die rund 200.000 im Land ansässigen Bürger aus anderen jugoslawischen Teilrepubliken sechs Monate Zeit, für die slowenische Staatsbürgerschaft oder für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zu optieren. Die große Mehrheit machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, mehr als 25.000 versäumten diese Frist jedoch. Am 26. Februar 1992 wurden sie ohne Vorwarnung aus dem slowenischen Bevölkerungsregister gelöscht und verloren auf einen Schlag alle Sozialrechte. Viele wurden gezwungen, das Land zu verlassen, oder wurden abgeschoben.

Nach Angaben des slowenischen Friedensinstituts schaffte es bisher nur die Hälfte der „Ausgelöschten“, ihren Status zu regeln. Das slowenische Verfassungsgericht erklärte die Tilgung in zwei Entscheidungen (1999 und 2003) für rechtswidrig und beauftragte die Regierung, die Rechte der Betroffenen rückwirkend wiederherzustellen. Die Behörden blieben bei der Umsetzung jedoch jahrelang säumig. Diese Frage hatte immer wieder großen politischen Wirbel verursacht, konservative Parteien blockierten die Lösungsanläufe.


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